Arbeitersiedlung Walddörfl 1979
Arbeitersiedlung Walddörfl 1979
Arif Akkilic
Wohnen
Teilabbruch und Neubesiedelung mit Gastarbeiterfamilien
Arif Akkilic
Wohnen
Teilabbruch und Neubesiedelung mit Gastarbeiterfamilien
Teile der um 1880 gebauten Arbeitersiedlung Walddörfl in Ternitz wurden auf Grund der unhygienischen und mangelhaften Infrastruktur zwischen 1977 und 1979 niedergerissen. Noch im selben Jahr besiedelte die Firma Schöller-Bleckmann die restlichen zehn Wohnblöcke mit ihren „Gastarbeiterfamilien“. Somit war das Verschwinden von einem Stück Geschichte aus der Arbeiterbevölkerung von Ternitz nur ein vermeintliches. Die Wohnsituation der bei Schöller-Bleckmann beschäftigten ArbeitsmigrantInnen vor und nach Walddörfl ist exemplarisch für die Entwicklung der Wohnsituation der MigrantInnen allgemein.
Der öffentlich geförderte Wohnungsmarkt (Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen) ist
für MigrantInnen ohne österreichische Staatsbürgerschaft nicht oder nur beschränkt zugänglich. Somit ist ein Grossteil ausländischer Familien aus den Drittstaaten auf den privaten Wohnungsmarkt angewiesen. Da die meisten MigrantInnen im Niedriglohnbereich beschäftigt sind, kann sich ein überdurchschnittlich hoher Anteil von ihnen nur Substandardwohnungen leisten. Es ist kein Zufall, dass in den Altbauten der klassischen Wiener Arbeiterbezirke wie Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus, Ottakring und Brigittenau größtenteils MigrantInnen wohnen. Ein zumeist niedriges Einkommen, fehlende Rechtskenntnisse und eine prekäre Aufenthaltssituation machen viele MigrantInnenfamilien zudem zu Opfern von Wohnungsspekulation. Eine weitere Benachteiligung ergibt sich aus der Weigerung privater VermieterInnen, Wohnungen an Angehörige bestimmter ethnischer Minderheiten zu vergeben.
Trotz der zu Genüge bekannten Realität der Stellung von MigrantInnen auf dem Wohnungsmarkt hängt die Sicherheit ihres Aufenthaltsstatus unter anderem von ihrer Wohnsituation ab. Der Nachweis „einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft“ ist zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels sowie für die Verlängerung des Aufenthaltstatus Voraussetzung. Auch die Kritik am hohen Anteil von „Ausländerkindern“ in Pflichtschulen in bestimmten Wiener Wohnbezirken ohne die Berücksichtigung der geschaffenen Wohnsituation ist Teil der restriktiven Politik gegen MigrantInnen.
Walddörfl Video
Arbeitersiedlungen in Ternitz
"gute alte Zeit"
In den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts begann die Errichtung der „Arbeiterkasernen“ im großen Stil. Noch in dieser Zeit entstand die Wohnkolonie Walddörfl, die ihren Namen vom nahegelegenen Föhrenwäldchen erhielt. Dem damals aus dreizehn Häusern bestehenden Walddörfl folgten in den Jahren 1888 bis 1892 und 1897 bis 1899 weitere Häuser, die die Siedlung vergrößerten. Die Walddörflhäuser wurden in den Jahren 1985/86 zur Gänze abgerissen.
30 Jahre Wohnen im Substandard
Gimpelinsel, Walddörfl und Mexico
Die „Gastarbeiter“ von Schöller-Bleckmann wurden von 1970 bis 1973 in den Arbeiterwohnhäusern „Gimpelinsel“ in Ternitz und anschließend in Wohnungen in Wimpassing einquartiert. 4 bis 5 Personen lebten hier in 20qm Räumen.
Nach dem Teilabbruch der Walddörflhäuser im Jahr 1979 wurden sie in die restlichen Arbeiterwohnhäuser vermittelt. Die Wohnungen bestanden meist aus Zimmer-Küche ohne Wasser und Bademöglichkeit und wurden mitunter von sechsköpfigen Familien bewohnt. Die Klosetts waren bis zu 50 Meter entfernt. Auf Grund von Strukturmaßnahmen wurden Ende der 80er Jahre bei Schöller-Bleckmann alle ausländischen Arbeitskräfte gekündigt. Die Wohngebiete im Walddörfl wurden im Jahre 1986 in Betriebs- und Industriegebiet umgewidmet. Die Walddörfler Familien zogen in die Arbeitergasse, genannt Mexico.
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Strukturelle und individuelle Verbesserungen
"wir wollten immer eine schöne Wohnung haben"
Zwischen 1994 und 1999 fanden Renovierungsarbeiten an den Mexicohäusern statt. Alle Wohnungen wurden auf Kategorie A angehoben. Die Mexicohäuser galten bis zur Sanierung als das Ausländerviertel von Ternitz. Heute wohnen nur mehr wenige MigrantInnenfamilien im Wohnpark Mexico.
In den Anfängen investierten die MigrantInnen wenig in die Wohnungen. Es war nicht einfach, in Österreich und in der Heimat eine Wohnung zu finanzieren. Außerdem bestimmte der Gedanke binnen kurzer Zeit zurückzukehren die Zukunftspläne der meisten. Mittlerweile sind aber Kinder und Enkelkinder hier geboren und aufgewachsen. Durch die Verschiebung der Lebensinteressen wird verstärkt in Wohnungen in Österreich investiert.
Unterkünfte von AsylwerberInnen und Illegalisierten
das Problem bleibt
Migration ist eine stetige Bewegung. Während die seit Jahrzehnten in Österreich lebenden MigrantInnen eine Normalität erfahren, wohnen die neuen MigrantInnen in Zuständen, die an die 60er und 70er Jahre erinnern. Vor allem AsylwerberInnen und AusländerInnen mit prekärem oder ohne Aufenthaltsstatus müssen in heimähnlichen Unterkünften leben.
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